Ein Eingang zu einer Goldmine
99% oder so von den Ideen, die du hast, kamen von sonstwoher und wurden in dich hinein verbracht. Zum größten Teil sind deine Ideen nicht original. Sie wurden in dich eingeheftet. Dass du die Dinge mit anderen Augen ansiehst, kommt dir nicht einmal in den Sinn. Nehmen Wir zum Beispiel die Schuld her. Um Schuld und darüber, dass sie längere Zeit andauern müsse, gibt es eine Menge Furore, so, als wäre Schuld eine Tugend, als wäre Sühnung eine Tugend, als hättest du Schuld abzubüßen.
Was ist Schuld anderes als zu jener Zeit nicht einsehen, was du jetzt erkennst? Sage Mir, ist das etwas Schlechtes? Beim Bedauern ist es das gleiche. Bedauern ist ein weiterer Zeit-und-Herz-Vergeuder.
Was sind die schlimmsten Dinge in der Welt, so redet die Welt, außer Tod und Krankheit. Was wäre, falls der Tod und das Kranksein als Freunde und nicht als Feinde betrachtet würden? Was wäre, falls der Tod ein Entgelt fürs Leben, und kein Todesurteil wäre? Was wäre, falls sich Krankheit als ein guter Arzt erwiese, der die Missstands-Gesundheit beseitigt und das Gleichgewicht wiederhergestellt hat? Mit Sicherheit besagt Krankheit, am Heilen sein.
Und der Tod ist ein Zugang zu einer Goldmine. Er ist eine Fahrt in einem Straßenbahnwaggon, der dich über den Regenbogen hinwegbringt. Was wäre, falls der Tod als eine Nicht-Begebenheit betrachtet würde, über die man jubelt? Was wäre, falls der Tod ein Abschluss in der Sache Körper und Seele wäre, und ein Aufstieg zur höheren Klasse, der Klasse alleinig der Seele? Was wäre, falls es für den Tod Beifall gäbe, und falls er nicht als der Schnitter Tod betrachtet würde? Was wäre, falls der Tod wie ein Kulminationspunkt des Lebens gesehen würde, mehr wie ein Ranzen, den jemand, der von dem einen Leben zu einem anderen vorbeigeht, mit sich trägt? Der Tod ist ein Freipass, der, jeweils einer auf ein Mal, all jenen, die bereit sind vorzurücken, übergeben wird. Früher oder später sterben Körper. Und jeder Körper wird jenen Freipass in Empfang nehmen, der ihn in eine Welt, die über die Sinne hinausgeht, geleitet.
Was wäre, falls es so etwas wie einen Anderen zurücklassen nicht gäbe? Selbst wenn jemand dahinscheidet, wie es Beerdigungsinstitute gerne mit getragener Stimme äußern, was wäre denn, falls dem Tod nicht Ernst zueigen wäre? Was wäre, falls Betrauern nicht mehr länger die Hauptrolle in der Welt spielte?
Der Tod hat dir, der du hinterblieben bist, noch keinen Besuch abgestattet, und ununterbrochen fährst du fort, als wärest du schuld an der Ursache für den Tod eines geliebten Angehörigen. Der Tod des Körpers war lange, bevor du die Szene betratst, festgelegt. Der Körper ist alles in allem schier der Körper. Er erhielt eine Rezeptur für das Leben auf der Erde. Es gibt nichts, um das zu trauern wäre, ausgenommen um einen Körper, der dagelassen wurde. Wie wird die Macht eines geliebten Körpers gepriesen, wie lieb ist er einem doch.
Dir sind die jetzigen Hinterlassenschaften kostbar. Der Körper war ein altes Auto, das eine Verfallszeit hatte. Der Körper ist bloß alles, was du sagst, dass er es sei. Indes, früher oder später ist er ein Fahrzeug, das du zurückgibst.
Blätter fallen von den Bäumen. Die Kindheit wächst zum Erwachsensein heran. Der Körper war immer etwas sich Wandelndes. Niemand behält ihn für immer, und weswegen solltest du so etwas denken mögen? Ganz praktisch, welchen Vorteil sollte das haben?
Der Körper ist ein falsches Idol, Geliebte. Liebt den Körper, macht aber keinen Schrein aus ihm. Es stimmt, er beherbergte eine Seele, eine mächtige Seele, und jetzt ist die Seele zu grüneren Weiden weitergezogen. Ihre Zeit ist zuende. Daraus muss durchaus nicht eine so große Sache gemacht werden. Ein Körper ist letztlich bloß ein Körper. Der bekannten, freilich ungesehenen Seele war eine schöne Verabschiedung zugekommen, zurück dorthin, woher sie gekommen, und von wo sie im Grunde niemals fortgegangen war. Die Seele des Körpers war immer, wo sie jetzt ist. Es gab niemals ein Fortgehen. Ein Kreis wurde umrundet. Alle losen Knoten wurden verknüpft. Um den Tod des Körpers habt ihr keinen so großen Wirbel zu machen. Freut euch an den Augenblicken des Lebens. Gebt das Betrauern, die Schuld, das Bedauern und alle derartigen Dinge auf und dreht stattdessen das Leben hoch.
Translated by: theophilPermanent link to this Heavenletter: https://heavenletters.org/ein-eingang-zu-einer-goldmine.html - Thank you for including this when publishing this Heavenletter elsewhere.
Your generosity keeps giving by keeping the lights on

