Das In Einklang Gebracht Sein

God said:

Gott redete …

Wie enorm scheint doch die Länge zu sein zwischen dem Leben, so wie du es gerne zu sehen bekommen möchtest, und dem Leben, was du unter den Augen hast. Und diese Ausgedehntheit ist die Distanz, die du jeden Tag im Leben bereist, gleichsam als würdest du zur Arbeit gehen, hin und her pendelnd zwischen den Einzelheiten des Lebens und dem Ausweiten des Lebens. Du reist täglich, vor und zurück, das Universum sozusagen mit Schritten ausmessend. Du hopst vom Eintönigen zur Extase, vom Gewöhnlichen zum Außergewöhnlichen, vom Ergreifbaren zum Unergreifbaren. Du schwenkst das Endliche und das Unendliche wie einen Beutel, den du beim Gehen hin und her schwingst, umher.

Manchmal fühlst du dich an die Erde genagelt. Manchmal hast du das Gefühl, die Details und zerbrochenen Handhaben nehmen dir die Luft zum Atmen. Und doch scheint auch so die Sonne durch, wirbeln die Planeten herum, und erhaschst du einen flüchtigen Blick von dem Himmel zwischen den Wolken. In derartigen Augenblicken, da weisst du, und sei es bloß für eine Millisekunde, dass es sich lohnt. Für jenen einen flüchtigen Blick, lohnt es sich. Du würdest diesen Blick für nichts eintauschen mögen, nein, nicht für das Gold auf der ganzen Welt.

Es ist schwer in Erfahrung zu bringen, was mit dieser Dichotomie zwischen dem üblichen Leben und der unermesslichen Weite anzufangen ist. Bisweilen wunderst du dich, ob du vielleicht auf den zwei Seiten des Mondes am Leben bist, denn du übersiedelst von Licht zu Dunkelheit und hin und her ohne eine eingelegte Pause dazwischen. Oder du fragst dich, dass du vielleicht der Mond selber bist, in zwei Hälften geschnitten, ja gar zersplittert, und dann von Zeit zu Zeit wieder zurückgeschafft. Oder du hast vielleicht das Gefühl, du seist ein junger Mond, der zum Vollmond zunimmt, wo du dann das ganze Licht sein wirst, und doch - bereits einsam und verlassen, selbst während du voll bist - am Hineinschlüpfen in einen weiteren Zyklus.

Der Verstand kann mit diesem Auseinanderklaffen schwer zurecht kommen. Es geht über den Geist hinaus, wie du im einen Augenblick dermaßen warm und im nächsten dermaßen kalt sein kannst, wie du im einen Moment mit unausdrückbarer Glückseligkeit Gottes erfüllt sein kannst, und im nächsten Moment überflutet mit ruinierten Stimmbändern und Fettflecken auf deinem Gewand. Du hast fortwährend das Gefühl, es werde dir beim Frieden ins Wort gefallen. Selbst beim Alleinesein wirst du unterbrochen. Deine Gedanken kommen dir ins Gehege. Du redest dir selber dazwischen.

Du möchtest gerne den Berggipfel erreichen und dort für immer bleiben. Wieso bloß musst du abgelenkt werden, fragst du dich immer und immer wieder. Du bist auf dem Gipfel, und warum kannst du dort nicht für immer bleiben, ein für alle Mal? Indessen, zäh läufst du auf dem einen Bergweg, und daraufhin ist es dir und siehst du, wie du auf einem anderen läufst. Du läufst bergaufwärts, und daraufhin kommt es dir unter, wie du in das Tal abfällst. Das Tal aber hat ebenso Blumen, die du pflückst und dir an den Jackenaufschlag steckst. Das Tal, unbenommen seiner Verzwicktheiten, hat seine eigene Freuden. Und mithin pflückst du Blumen und erholst dich und beginnst ein weiteres Mal mit dem Aufstieg.

Du prägst dir den Aufstieg ins Gedächtnis ein. Du erreichst den Gipfel früher als zuvor. Du bleibst länger. Und wenn du den Berg heruntertrippelst, hast du eine fantastischere Rückbesinnung an das Angenehme bei dir. Du bist derjenige, der ein Edelweiß pflückte. Es ist immer noch in deiner Hand. Es ist für immer in deinem Herzen festgeschnallt. Einen Augenblick lang bist du auf dem Berg Olymp gestanden.

Der Tag wird kommen, wann es kein Tal mehr geben wird. Es wird bloß Berggipfel geben. Du wirst dich über die Wolken hinaus erhoben haben, wirst nicht mehr zum Tal zurückzukehren haben, es wird kein Tal mehr geben, um nach dorthin zurückzukehren. Der Morgen wird kommen, dass du zu dir selber aufwachst und dass du dich nicht einmal auf einem Berggipfel aufhältst. Du bist über den Bergen. Du wirst aus Raum und Zeit herausgeschritten sein. Du wirst dort eingetreten sein, wo es weder ein oben noch ein unten gibt. Du wirst in einem Gefilde auf dich gestoßen sein, von dem du zuvor bloß in einem Lichtblitz eine flüchtige Hinsicht erhascht hast, und jetzt, jetzt kommst du dahinter, du bist das Licht, was kurz aufblitzte, und du bist unumkehrbar.

Die dunkle Mondseite existiert nicht mehr. Es gibt überhaupt keine Seite. Alles ist Einssein, wo es keine Seiten gibt, keine Ecken, keine Verschlüsse, keine Verfehlungen. Du bist das Weiße des Mondes in den Himmelsräumen des Himmels. Es spielt keine Rolle, wo deine Füße hinlangen, denn was kümmert dies dich denn, unterdessen du in einem Palast namens Himmel geschmückt bist? Was kümmert es dich, wie lange du brauchtest, um hierher zu gelangen, sowie du soeben im Begriff bist, anzukommen, um dazubleiben? Was kümmert es dich denn schlechterdings, derweil du diese helle Sonne um dich hast, welche dir aufs Gesicht scheint?

Translated by: theophil

 

Your generosity keeps giving by keeping the lights on