Wer läuft über die Bühne?
Gott redete:
Zur selben Zeit wie du am Leben teil hast, bist du überdies der Beobachter. Manchmal scheint das Leben wie ein Zug zu sein, der an dir vorüberrast. Du stehst einfach da und siehst zu, was geschieht. Dann eilt das Leben in Vollansicht an dir vorbei. Wessen Leben ist es schlechterdings, während du auf einer Bank sitzt und ihm zusiehst?
Wie viel am Leben, an dem, was du das Leben nennst, wie viel an ihm entscheidest du wirklich, das fragst du dich. Ist das Leben etwas, worüber du entscheidest, oder siehst du dem Zug bloß zu? Was bringt den Zug dazu, die Gleise hinunterzusausen? Ah, ja, die Zuggleise sind da. Die Gleise waren da, bevor du in die Szene eintratst.
Selbst während du in einem Kanu paddelst, scheint da eine unbemerkte Hand zu sein, die dich in einen Strudel hineinfegt, der ebenso stark und bestimmt ist wie die Schienenstränge.
Du hast ganz gewiss das Sagen über dein Leben, oder etwa nicht? Wie viel an deinem Leben ist dein freier Wille? Gar dann wenn du dich mit Vereiteln befasst, bist du der Vereitler? Wie selbstbestimmt bist du?
Selbstverständlich, Koinzidenzen gibt es nicht. Wo belässt es dich, dass es kein Zusammentreffen von Umständen gibt?
Die Frage, die du dir selber stellst, ist wohl: „Wie viel von meinem Leben ist mein Leben? Bin ich zu 50% der Beobachter, und zu 50% die Triebkraft des Lebens? Bin ich die Handschrift an der Wand? Bin ich der Finger, der schreibt, oder sehe ich dem Schreiben an der Wand zu? Tritt das Leben vor meinen Augen in Erscheinung? Pause ich von einem Text ab, der bereits geschrieben ist? Wer ist der Schreiber? Wer ist derjenige, der die Fragen stellt, und wer ist derjenige, der antwortet? Ist das ganze Theater des Lebens, selbst in Massenszenen, im Grunde ein Soloakt? Wer ist es, der den Bühnenboden quert?“
Letztlich bin Ich, Gott, der Handelnde. Das hat so zu sein, da Einssein alleinig ist. Du existierst wahrhaft überhaupt nicht, außer als ein Gedanke.
Man kann sagen, dass Ich der Beobachter ebenso bin wie der Handelnde. Ich führe Mannigfaltigkeit auf Erden auf, als hätte ich scharenweise Träume auf ein Mal, und auch jetzt noch - Einssein einzig ist.
Und wieso ist dir das aufgeführte Leben so bedeutsam, und demzufolge Mir bedeutsam, alldieweil es keinen Anderen gibt, derweilen du nicht existierst und Ich einzig existiere?
Und hinwiederum, so wie das Leben ausgemalt ist, wie entlädt es sich, und des Öfteren scheinbar aus freien Stücken?
Das Leben ist sein eigener Sinngehalt. Zur selben Zeit trägst du eine Bedeutung auf, und dies ist deine Wahrnehmung. Vielleicht gibt es keine Schrift an der Wand. Vielleicht sind Tapetenrollen an die Wand gekleistert. Vielleicht sind die Bilder bereits gemalt. Vielleicht ist das Leben wie der Flug eines Vogels, der hochsteigt und sich senkt, und sich als Schönheit in tätigem Einsatz ausweist. Vielleicht ist das Leben ein Stillleben. Vielleicht, vielleicht.
Vielleicht trägt sich gar nichts zu. Das muss so der Fall sein, unterdessen es kein Zuvor oder Danach oder sonstwas gibt, außer Stille, oder, vielleicht ist jedweder Gedanke ein Nachgedanke. Vielleicht gibt es keine Glocke, die läutet. Vielleicht, vielleicht.
Vielleicht ist da kein Lied, was gesungen wird, bloß ein Lied, was vernommen wird.
Du, wohin gehst du, während es keine Stelle gibt, zu dem zu gehen wäre, und niemanden gibt, um von ihm fortzugehen, und niemanden, um bei ihm einzutreten?
Vielleicht ist alles am Leben Fiktion. Vielleicht geht es um vielleicht. Vielleicht werden Geschichten geschaffen, und es gibt nichts als Erzählungen, Geschichten, die erzählt werden, Geschichten, denen zugehört wird, Geschichten, die eingesehen und aufgesucht werden. Vielleicht ist alles, was man Leben nennt, erfundene Fabrizierung. Vielleicht ist alles auf der Erde Lasst Uns So Tun Als Ob. Vielleicht geht es um kein vielleicht.
Translated by: theophilPermanent link to this Heavenletter: https://heavenletters.org/wer-laeuft-ueber-die-buehne.html - Thank you for including this when publishing this Heavenletter elsewhere.
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