Was sind Gedanken ohne Sprache?

God said:

Gott redete:

Was siehst du, wenn du denkst, du habest einen flüchtigen Blick auf einen überirdischen Geist gehabt, eine Sicht auf so etwas Holdem, wie was an deiner Wange vorbeistreicht, dass du dich fragst und wunderst, ob du überhaupt etwas gesehen hast? Dessen ungeachtet, Geliebte, ihr saht einen Gedanken, oder ihr dachtet einen Gedanken. Was ist Sehen anderes als ein Gedanke? Euer Auge sah etwas, und euer Geist machte dabei, was ihr saht, einen Sprung, und wandte es in etwas mit einem Namen. Worte sind Namen. Gedanken sind Namen für dies und das, für was auch immer, was wir soeben gerade mal bedenken, welchem wir Namen beiordnen. Gedanken sind für etwas. Das Leben in der Welt wird kraft Gedanken verfolgt und betrieben. Gedanken dünken uns durchaus, die trüben Gewässer aufzurühren und eine Angelegenheit eher verworrener zu machen denn sie zu vereinfachen.

Wie geht es zu, dass du die Bedeutung von so vielen Worten kennst? Wie weiß ein kleines Kind bereits so viel? Wie wird die Sprache den Lippen, der Zunge und den Wangen im einen Land ganz natürlich, und ein anderer Mensch in einem anderen Land findet eine andersgeartete Formung für sich natürlich? Wie kommt Denken zustande, und was ist es schlechthin? Schön ist dem einen, was dem anderen Kauderwelsch ist.

Vielleicht ist die Stimme wie ein Blasebalg, der Schwingungen aus den Ohren heraus pumpt, und Sprache ist nichts mehr als ein vertrautes beschwingtes Liedchen oder ein Übungsstück auf einer Mandoline. Sprache ist eine wunderbare Erfindung. Selbst dann, könnte der Mitteilungsverkehr ohne die Verschränktheit der Sprache simpler, leichtgängiger, friedvoller sein? Ohne den Intellekt der Sprache könntest du gelöster sein.

Und wiewohl gab Ich euch die Sprache, um mit ihr Erkundungen anzustellen. Mit der Sprache seid ihr wie ein Jäger mit Pfeil und Bogen. Der Bogen ist wie ein Gedanke, und ihr zieht an ihm und lasst ihn dann los. Ihr schießt den Gedanken-Pfeil, um etwas zu erhaschen, vielleicht um einen anderen Gedanken einzufangen, vielleicht um die geheimen Vorhaben regsamer Gedanken, die du hast, mitzukriegen. Vielleicht sind Meine Kinder, ohne Sprache, näher an ihren Herzen und demzufolge näher an der Wahrheit dran.

Ihr mögt euch wunderlich gefragt haben, ob ihr Gedanken denkt oder ob Gedanken euch einholen. Wie könnt ihr an einem Tag derart viele Gedanken haben? Sie müssen von irgendwoher kommen. Ihr werdet wohl meinen, Gedanken seien wie Vögel, die irgendwo in der Stratosphäre herumfliegen und auf euch landen. Gedanken scheinen aus allen Richtungen her auf euch zu zu kommen. Manchmal denkt ihr, ihr denkt eure Gedanken, bisweilen meint ihr, dass ihr sie ausspürt, dass ihr sie zusammenstellt, und manchmal denkt ihr, Gedanken seien wie ineinander verflochtene Sträucher mit Dornen, in die ihr hineinstrauchelt. Wie bloß kann eine Person, du zum Beispiel, derart viele Gedanken an einem Tag denken, und an einem anderen Tag nach Gedanken Ausschau halten, um sich den Geist zu belegen.

Und wo gehen Gedanken hin, nachdem du mit ihnen zuende gekommen bist, oder nachdem sie mit dir zuende gekommen sind?

Sei es nun, Gedanken kommen von dir her, oder, sei es, Gedanken sind wie Moskitobisse – meistens wirst du von ihnen überschwemmt. Deine Gedanken sind Schnellfeuer-Gedanken. Es scheint keine Gittersiebe zu geben, um sie draußen zu halten. Gedanken haben Freilauf, und sie haben mit euch einen großen Tag. In den meisten Fällen habt ihr ausreichend Gedanken, um anhand ihrer ein Feuer zu machen. Gedanken nehmen schließlich und endlich ihren Weg, oder sie entkommen, und, unverwandt seid ihr für sie zuständig.

Du bist wie eine alte Frau in einem Schuh *), die so viele Kinder hatte, dass sie nicht wusste, was zu tun war. Gedanken sind deine Kinder. Du bist für sie verantwortlich. Alles in allem setzen sie sich aus dir heraus in Umlauf. Du möchtest es gerne lernen, sie im Zaum zu halten und sie nicht überallhin gehen und anderen Menschen in den Weg geraten zu lassen. Gedanken sind so eine Beunruhigung, und dennoch kannst du mit ihnen nicht nichts zu tun haben wollen. So oder so, sie sind deine Gedanken. Du dachtest sie oder borgtest sie aus oder bedeutetest sie. Demzufolge bist du für sie verantwortlich.

*) Hier ist Bezug genommen auf einen alten engl. Kinderreim … http://en.wikipedia.org/wiki/There_was_an_Old_Woman_Who_Lived_in_a_Shoe

Translated by: theophil

 

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