HEAVEN #2844 Die Halle der Spiegel
DIE HALLE DER SPIEGEL
Du hast im Schlaf geträumt, wie du eine Villa betratst, wo jeder Raum, in den du gehst, dein Herz durchschüttelt. In diesem Traum gelangst du dazu zu denken, dass du den letzten Raum unter allen und alle Schönheit, die diese Villa enthält, gesehen hast. Dann erfolgt eine großartige Öffnung zu einem weiteren Raum, und der Vogel deines Herzens flattert vermehrt, weil du einen weiteren Raum, und noch einen, noch einen und noch einen findest. Vielleicht merkst du erst hinter dem Traum, dass es dauernd einen Raum nach dem anderen gab, und dass jedes Zimmer schöner als das vorherige ist, und dass du bei einem jeden anlangst, oder dass sie bei dir ankommen. Schwer zu sagen.
Geliebte, die Villa eures Vaters ist noch um Vieles schöner als diejenige in eurem Traum. Die wahre Schönheit der Villa, ihre Mächtigkeit, ihre Geräumigkeit schlagen das Geläut für eure Ohren fast zu laut. Während Meine Villa sich euch mehr und mehr offenlegt, wird die Lautstärke größer. Es ist fast so, als hättet ihr euch abzustützen, denn die nie endende Schönheit jedes Raums scheint mehr, als ihr ertragen könnt. Ihr befürchtet, ihr könnt das nicht aushalten. Ihr befürchtet, ihr werdet untertauchen. Ihr verschwindet jetzt.
In dieser Herrlichkeit habt ihr alle Kostüme fallen zu lassen – sie sind zu schwer. Ihr habt eure Schuhe auszuziehen und sie da zu lassen. Alle Vortäuschung fällt fort. Ihr befindet euch tatsächlich im Inneren dieser Villa, und, wow, denkt, ihr seid ihre Erben!
Ihr beginnt zu spüren, dass dieses Haus derart weitläufig ist, dass ihr nie von dort fortkommt. Während euch Relikte aus eurem Leben, aus dem, was ihr dachtet, es sei euer Leben gewesen, über den Weg laufen, bemerkt ihr, dass ihr unaufhörlich dort gelebt habt! Das war dauernd euer Zuhause, ihr habt es bloß anders gesehen. Jetzt erkennt ihr, nicht bloß dass das euer Zuhause ist, sondern dass es das Zuhause ist. Hier hat jeder gelebt! Jeder, den ihr kanntet, den ihr dachtet zu kennen, lebte hier gleichfalls. Womöglich seid ihr unentwegt bei Eingängen oder auf Korridoren gegen jemanden gestoßen, oder vielleicht seid ihr mit einem Nicken oder ganz ohne eine nickende Zustimmung aneinander vorbei geglitten. Vielleicht hattet ihr sogar ein schlichtes stilles Verstehen, dass ihr an euch selbst vorbei gegangen seid, irgendwie mit der Vorstellung im Sinn, dass es ein Anderer war, den ihr saht. Jetzt ist es klar. Ihr hattet, in allem Ernst, euch selbst zugenickt, oder nicht zugenickt.
Früher dachtet ihr, ihr befindet euch in einem Labyrinth. Ihr wart so bebend unsicher. Und nun seht ihr, dass ein nebulöser Vorhang sich hebt, und ihr erblickt, dass alles, was je hinter den Fäden dieses Vorhangs existierte, ihr seid. Ihr gelangt schließlich direkt Gesicht an Gesicht mit euch selbst. Hallo, hier bin ich.
Die ganze Zeit habt ihr gedacht, ihr seid in einem Labyrinth, und nun seht ihr, ihr befindet euch in einer glänzenden Halle von Spiegeln. Alle von euch erblickten Ansichten wart ihr selbst. Aus einer millionenfach besetzten Rollenbesetzung heraus seht ihr jetzt, ihr wart der einzige hier! Ihr versteht das, das ist keine enttäuschende Wahrnehmung. Sie ist wundervoll, und sie wird wundervoller, unterdessen ihr euch nach und nach seht, unterdessen ihr euch wieder erkennt, euch selbst entdeckt, dieses Selbst, mit dem ihr zuvor Äonen verbrachtet, indessen ihr es vor euch selbst versteckt hieltet.
„Hallo rundum“, sagt ihr, während euch die Wahrheit zu dämmern beginnt. „Hallo, alle zusammen, ihr könnt jetzt aus eurem Versteck herauskommen. Ich meine, Hallo Ich Selbst. Sieh Mich jetzt in aller Herrlichkeit Gottes. Ich war unaufhörlich mit Gottes Herrlichkeit beschenkt, und dennoch hielt ich das vor mir selbst und vor all den anderen Menschen, die ich mir ausdachte, geheim. Ich war der Letzte, der das erkennt, und doch meint das, ich war der Erste, der das erkennt, denn es gab niemanden sonst zu erkennen. Es gab nicht einmal diese wackelige Figur, von der ich mir eine Vorstellung machte, und zu der ich soeben rede. Ich bin mehr als das.
Es trifft sich, ich habe dauernd zu mir selbst geredet. Oh, ich mochte meine Antworten nicht immer. Nichtsdestotrotz, derjenige, der die Fragen herausbölkte, war der gleiche wie derjenige, der laut oder der sanft antwortete. Das ist mir jetzt derart klar, wie konnte ich es bloß verfehlen?
Ich bin in einem schönen Haus mit vielen Räumen. Ich mag gedacht haben, ich sei sonstwo, allerdings war ich fortwährend hier. Ich dachte, hier gebe es unbändige Massen, und die ganze Zeit war es nur ich! Noch mehr als das, ich sollte sagen, es war das Große Ich, das verrückt herumrannte, um all die Parts zu spielen, von denen ich dachte, ich hätte sie zu spielen.
Komisch, jetzt, wo ich die und der Einzig Eine bin, fühle ich mich nicht mehr einsam. Ich bin Mir genug.“

