DEINE KINDHEIT
Du meinst, deine Kindheit habe allesamt mit dir zu tun. Sie hat nichts mit dir zu tun. Es ist nur eine Ebene, dass dich die Kindheit am Tau zu haben scheint, du bist aber ein Seinswesen mit vielen Ebenen.
Und selbst auf der Ebene, dass die Kindheit dich in ihrer Knechtschaft hält – auch auf dieser Ebene – ist es gut für dich bejahend anzuerkennen, dass deine Kindheit existierte, um transzendiert zu werden. Deine Kindheit soll dir keine Grenzen auferlegen.
Ich sage nicht, dass du sie zu vergessen hast. Ich sage, du hast über sie hinaus zu gehen. Deine Kindheit ist nicht dafür angelegt, ein Stock zu sein, der dich am Boden feststeckt. Sie war ein Ausgangspunkt, das ist alles. Das Gesamte am Leben ist eine Raststation, und deine Kindheit einfach eine davon. Du hast dort nicht zu bleiben. Es gibt andere Orte, zu denen zu reisen, und von denen aus zu reisen ist.
Was du auch als Kind an Beschränkendem gelernt hast, du kannst es umlernen. Es steht dir gut zu, umzulernen. Und was du auch an Gutem lerntest, selbst das - lasse es los. Bewahre dir den Nutzen, belasse ihn bei dir, und lasse sodann das Sehnen nach dem Angenehmen an der Vergangenheit, an dem du nach wie vor festhältst, seinen Weg ziehen. Was in deiner Kindheit erfüllend war – schreite darüber hinaus. Was an ihr unerfüllt war, gehe auch davon fort. Damit du im Leben vorankommst.
Kein Bedarf, unentwegt nach den verloren gegangen Teilen deiner Kindheit auf der Jagd zu sein. Kein Bedarf, die Löcher zu stopfen. Es besteht Bedarf, voranzukommen. Was immer dir versagt wurde, es ist jetzt nicht notwendig. Was dir auch versagt wurde, gib ebendies einem Kind, was du kennst oder nicht kennst. Segne deine Kindheit, indem du jemandem, der jetzt ein Kind ist, gibst. Auf diese Weise wirst du deine Kindheit zum Besseren heben. Du wirst dies verbessern, indem du damit vertraut wirst, dass du nicht mehr länger dieses Kind bist. Du bist jetzt nicht abhanden gekommen, und du brauchst nicht aufgefunden zu werden.
Deine Kindheit ist für dich jetzt keine Ausflucht. Selbst wenn du die grimmigste Kindheit auf der Welt hattest, gibt es weder einen Bedarf noch einen Vorwand, jetzt darüber grimmig zu sein. Du bist jetzt für dich selbst verantwortlich. Eure dornige Kindheit existiert in eurem Geist, Geliebte, und euren Geist könnt ihr ändern.
Falls ihr keine schöne Kindheit hattet, gebt euch eine schöne Erwachsenenzeit. Seid jetzt gut zu euch selbst, indem ihr aus der Vergangenheit herausgelangt.
Wieso vor dem Palast auf einem verschmierten Rinnstein sitzen, unterdessen ihr in den Palast hineingehen könnt? Lasst eure Erwachsenenzeit einen goldenen Palast sein. Lasst eure Kindheit sich in Gold verwandeln. Eure Kindheit mag trübe gewesen sein, ihr aber müsst es nicht sein.
Selbst eure früheren Leben sind keine Entschuldigung für das gegenwärtige. Wieso sich mehr in ihnen niederlassen, als ihr euch in eurer Kindheit niederlasst. Was für ein Mysterium der - vergangenen oder neulichen - Vergangenheit müsst ihr lösen. Nach welcher Ursache und Wirkung seht ihr euch um? Schaut euch jetzt ausschließlich nach der Wirkung um, und macht es dementsprechend. Schaut nicht hinter euch, um zu sehen, wohin ihr geht.
Worum handelt es sich, was ihr möchtet? Sucht es vor euch. Sucht das, was ihr erstrebt. Zieht keine Linie mehr zwischen einer Ursache und einer Wirkung. Rennt schlicht darauf zu, was ihr erstrebt.
Wenn ihr ein Geschenk erhaltet, müsst ihr nicht wissen, wie ihr es bekommen habt. Ihr habt die Spur der postalischen Zustellung nicht nachzuverfolgen. Ihr habt den Absender nicht aufzustöbern. Ihr müsst es einfach öffnen. Es wurde euch vielleicht bis ans Haus gebracht, oder ihr musstet aufs Postamt, um es abzuholen, und jetzt ist es das eure. Den Spuren hinterhergehen und versuchen, Linien zwischen A und B zu ziehen, zieht euch im Leben ins Lächerliche. Beachtet A nicht. Geht direkt zu B. Und zu C und D. Geht ununterbrochen voran. Lest die Kiesel auf, die für euch hinterlassen wurden, um euren Weg zu finden. Kommt unentwegt voran, und hopst, springt drüber und hüpft.